Am 6. Mai 2023 kurz vor 18:00 Uhr, alarmierte die Integrierte Leitstelle Bayreuth/Kulmbach Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei nach dem Alarmstichwort Gefahrstoff-Gasaustritt in einer Klinik. 250 Einsatz- und Spezialkräfte aus dem Landkreis Bayreuth und den umliegenden Landkreisen waren rund 10 Stunden im Einsatz gebunden.
Ein Mitarbeiter stelle bei Betreten eines Kellerraumes durch eine sofort auftretende Atemwegsreizung und brennende Augen auch einen stechenden Geruch fest. Umgehend begab er sich zu seiner Sicherheit ins Freie und wählte den Notruf. Durch den eintreffenden Rettungsdienst wurde er medizinisch behandelt.
Die Feuerwehr ging nach Eintreffen mit Umluftunabhängigen Atemschutz und besonderer Messtechnik ins Gebäude vor. Der eingesetzte Atemschutztrupp musste seinen Einsatzauftrag abbrechen, nachdem sich schmerzende Hautreizungen an den Händen zeigten. Der konnten sich eigenständig in Sicherheit bringen und wurden umgehend medizinisch versorgt. Das eingesetzte Gasmessgerät was sie bei sich trugen konnten den Stoff nicht identifizieren. Die Sensoren des Gerätes zeigten durch die Stoffbeaufschlagung im Kellerraum einen Komplettausfall.
Durch diese Erkenntnis wurde ein weiterer Trupp ins Gebäude geschickt um einen Drucklüfter zu setzen um den nicht zu identifizierenden Stoff im betroffenen Raum zurückhalten, sodass er sich nicht weiter in der Klinik ausbreiten konnte. Gleichzeitig wurde für diese Maßnahme auch das Kettenlöschgerät der Air Core TAF 35 vom Außenbereich der Klinik da-für eingesetzt. Der komplette Kellerbereich des Klinikgebäudes wurde als direkter Gefahrenbereich ausgewiesen und durfte nicht mehr betreten werden. Die restlichen Stockwerke der Klinik wurden stetig auf Veränderungen der Raumluft zum Schutz der sich im Gebäude befindenden 40 Patienten und 15 Mitarbeiter kontrolliert.
Zur Stoffidentifizierung und zum Eigenschutz der eingesetzten Kräfte an der Einsatzstelle wurden Spezialkräfte, spezifische Einsatzmittel und hochsensible Spezialtechnik notwendig. Des Weiteren wurde die Klinikleitung, der Landrat und die zweite Bürgermeisterin an die Einsatzstelle berufen. Da man zu diesem Zeitpunkt nicht wusste um welchen Stoff es sich handelt und wie dieser reagiert oder ob sogar eine Reaktion von mehreren Stoffen vorliegen könnte, entschied man sich in enger Abstimmung mit der Klinikleitung zum Schutz der Patienten und Mitarbeiter, eine Evakuierung in umliegende Krankenhäuser umzusetzen bevor weitere Maßnahmen im Gebäude stattfinden konnten.
Spezialkräfte der Polizei „GG SBC“, der Feuerwehr der US Army „USAG Bavaria Fire-rescue“ vom Standort Grafenwöhr, das Bayernwerk, die Atemschutz-Strahlenschutz Einheit, der Abrollbehälter Umwelt, Gefahrgut Einheiten mit CSA Schutzanzügen der Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis Bayreuth wurden an die Einsatzstelle alarmiert. Eine Gebietsabsicherung für die Autobahn und die Stadt Pegnitz wurde durch die Freiwillige Feuerwehr Bindlach notwendig. Für die anlaufende Evakuierung der Patienten welche eine Zeit von rund drei Stunden beanspruchte wurden etliche Fahrzeuge und Personal aus dem Kreisverband Bayreuth des Bayerischen Roten Kreuz, aber auch der Nachbarkreisverbände Mittelfranken und der Oberpfalz, dem Malteser Hilfsdienst aus Waischenfeld, dem ASB Verband mit Fahrzeugen aus Velden und Auerbach und SKS Bayreuth zusammen gezogen. 18 Rettungswägen und 12 Krankentransportwägen wurden neben dem Hubschrauber „Christoph 20“ zusammen mit einem Leitenden Notarzt und vier weiteren Ärzten, zur Verlegung der Patienten an die Klinik alarmiert. Die Klinik mobilisierte alle zur Verfügung stehenden Mitarbeiter zur Mithilfe bei der Evakuierung.
Die Führungsstrukturen von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und der Integrierten Leitstelle Bayreuth / Kulmbach wurde hochgefahren und eingerichtet. Die Verpflegung der eingesetzten Kräfte wurde in die Wege geleitet. Regelmäßige Einsatzlagebesprechungen mit engen Abstimmungen aller Beteiligten haben für eine ruhige, zügige und koordinierte Evakuierung der Klinik gesorgt. Für die Durchführung einer strukturierten Evakuierung, für die An- und Abfahrt der zur Verlegung notwendigen Fahrzeuge die über einen definierten Bereitstellungsraum auf dem Klinikgelände anfuhren und zum Schutz der Patienten und Mitarbeiter währen dieser Maßnahme wurde das Areal weiträumig abgesperrt.
Vor dem Einsatz der Feuerwehrkräfte mittels Chemieschutzanzügen wurde durch den Rettungsdienst die medizinische Versorgung mit einem Notarzt und zwei Rettungswägen sichergestellt.
Etliche Messungen und Proben wurden an den verschiedensten Punkten innerhalb und außerhalb der Klink durchgeführt und entnommen. Im Ver-lauf des Einsatzes unter dem Vollschutz von Chemieschutzanzügen konnte festgestellt werden, dass ein zum Kellertrakt der Klinik führender Kanal defekt ist und nicht mehr ablaufen konnte. Nach dieser Feststellung wurde dieser unter Wasser gesetzt, dass sich eventuell freisetzende Gase nicht durch den Kanal in die Klinik ausbreiten und ansammeln können. Eine abschließende Messung, mittels hochsensibler Geräte, zeigte im kompletten Gebäudekomplex keine Feststellungen mehr. Die gesammelten Messproben während der Dauer des Einsatzes werden zur weiteren Identifizierung und Untersuchung eingeschickt.
Die Einsatzstelle konnte daraufhin wieder an die Klinikleitung übergeben werden. Am Folgetag erfolgte durch die zuständige Freiwillige Feuer-wehr Pegnitz als Vorsichtsmaßnahme die Durchführung von Kontrollmessungen, die ergebnislos verliefen. Eine Fachfirma wird sich dem Kanal der Klinik annehmen. Ein wieder hochfahren des geregelten Klinikbetriebes und die Rückverlegung der evakuierten Patienten wurde mit dem Wochenbeginn angestrebt und umgesetzt. Die genaue Ursache, warum sich eine Gaskonzentration in einem Kellerraum der Klinik sammeln konnte, ist Gegenstand der laufenden polizeilichen Ermittlungen.
Gegen 03:00 Uhr konnte die FF Bindlach die Gebietsabsicherung beenden. Um 03:30 Uhr war der Einsatz an der Sana Klinik Pegnitz für die rund 250 eingesetzten Kräfte der Blaulichfamilie beendet. An der Einsatzstelle waren neben den Kameraden der Feuerwehr Auerbach aus der Oberpfalz, der US Army vom Standort Grafenwöhr, die Feuerwehren Bindlach, Creußen, Kirchenlaibach, Körbeldorf, Mistelgau, Pegnitz, Pottenstein, Schnabelwaid, Speichersdorf und Troschenreuth aus dem Landkreis Bayreuth.
Aufgrund der sich in kurzen Abständen veränderten Lagen, die sich in den ersten zwei Stunden des Einsatzes zeigten und der Tatsache, dass wir eine Evakuierung anstreben und umsetzen mussten, obwohl wir das für die Patienten gerne vermieden hätten, wurde veranlasst einen geteilten Social Media Post einer Freiwilligen Feuerwehr entfernen zu lassen. Eine Abänderung kam für uns in diesem Moment auch nicht in Frage. Der darin enthaltene Satz, das keine Evakuierung statt findet war ab einem bestimmten Zeitpunkt schlicht überholt. Unser größtes Anliegen war zu dieser Zeit, Angehörige nicht unnötig zu beunruhigen und noch viel mehr für die zu verlegenden Patienten und der daran beteiligten Mitarbeiter eine so entspannt wie mögliche, ruhige Atmosphäre für die Evakuierung zu schaffen. Das haben wir durch den Stopp der Berichterstattung in Social Media auch erreicht. Der Fokus unserer geleisteten Arbeit konnte bei dieser Größenordnung des Einsatzes, nicht im regelmäßigen updaten von Meldungen liegen. Die Tatsache, dass das eventuell für Verwirrung bei Unbeteiligten sorgte, bitten wir zu entschuldigen. Der Schutz der Patienten deren Angehörigen und Mitarbeiter hatte zu diesem Zeitpunkt oberste Priorität, als der Versuch die allgemeine Berichterstattung auf dem aktuellen Stand zu halten.
Fotos/Text: KBM Stephanie Bleuse